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    Monday
    May032010

    Refuge (German Press)




     

     

     

    Press Info from ENJA Records (PDF)

    Jazzthetik

    Jazzthetik 1 (PDF)

    Jazzthetik 2 (PDF)


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    Jazz Podium



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    Jazzzeitung


    Concerto



     

     






     

    Financial Times Deutschland, Stefan Hentz 7.2.2008

    Veröffentlichungen der Woche

    Jazz - "Refuge" vom Orient House Ensemble

    Als Saxofonist mit sattem Ton und dynamischer Phrasierung hat sich Gilad Atzmon schon lange seinen Platz im aktuellen Jazz erobert. Der in Israel aufgewachsene und seit 1994 im Londoner Exil lebende Musiker versteht sein Orient House Ensemble auch als persönliche Friedensmission zwischen Palästinensern und Israelis. Auf der Suche nach einer Brücke zwischen den Kulturen kreuzte er die europäische Schlagermusik der 20er- und 30er-Jahre ironisch mit orientalischen Klängen und drehte sie durch das Mahlwerk der aktuellen Jazzimprovisation. Atzmons neue CD ist nun ein großer Schritt zurück: Das Spiel mit der Ironie ist Vergangenheit, die musikalische Agitation überwunden. Was bleibt ist die Improvisation im Geiste des Post-Bop, die er auf seinem ost-westlichen Divan ausbreitet.

    Stefan Hentz

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    ENJ Gilad Atzmon: Refuge - cinesoundz.de, Stephan Rambow

    ENJ Gilad Atzmon: Refuge - cinesoundz.de, Stephan Rambow

    http://www.cinesoundz.de/index.php?option=com_content&task=view&id=1060&Itemid=108

     

    "Der israelische Essayist, Klarinettist und Saxophonist Gilad Atzmon (Jahrgang ´63) bringt auf "Refuge" erneut zusammen, was sich angeblich nicht vereinen lässt: In der  Kombination von jüdischer und orientalischer Folklore, Balkanklängen und Tangomelodien, Bebop-Virtuosität und groovenden Jazzbeats meint man, auch ein akustisches Abbild seiner zerrissenen  Heimat zu vernehmen. In ruhigeren, lyrischen Passagen leuchtet dann etwas wie die Sehnsucht nach der verloren gegangenen Schönheit  Israels auf. "Frieden ist nirgendwo" meint Atzmon, der sich oft pointiert zur Weltpolitik und zum Verhältnis von Jazz und Politik geäussert hat.  Jazz nicht als Spieltechnik, sondern als Geisteshaltung. "Refuge" ist Atzmons jüngster musikalischer Kommentar zu einem der Brennpunkte der heutigen Welt und die Beschäftigung über die volle Spielzeit wert."

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    Zenith

     

    Gilad Atzmon: Refuge - Jazz thing, Reinhard Köchl 72/2008

    Jazz thing, Reinhard Köchl 72/2008

    Gilad Atzmon Refuge (enja/Soulfood)

    Es wirkt nur so, als würde Gilad Atzmon exakt dort weitermachen, wo sein bislang letztes Album "musiK" endete. Scheinbar zornig spielt der Saxofonist weiter gegen Krieg, Besatzung und religiösen Wahn an, verpackt dies wie eh und je in doppeldeutige Titel wie "The Burning Bush", melancholische Liebeserklärungen wie "Autumn In Baghdad", gespenstische Klangkaskaden wie "Spring In New York" oder schickt "Just Another Prayer For Peace" gen Himmel. Doch in Wahrheit hat Atzmon längst resigniert. Vor Dummheit, Geldgier und Fanatismus. Er, der vor acht Jahren mit seiner israelisch-palästinensischen Combo in dem furchtbar naiven Glauben antrat, Menschen versöhnen und Wunden schließen zu können, begreift allmählich, dass dies nur ein frommer Wunsch sein konnte. Also sucht der Mann jetzt selbst Zuflucht in der Musik. Wahrscheinlich deshalb gerät "Refuge" zu einer erstaunlich geradlinigen Momentaufnahme, die trotz optimistischer Aufwallungen stets eine gewisse Trauer in sich trägt. Leidenschaftlich-virtuos verweben die Mitglieder des Orient Hause Ensembles westlichen Jazz, orientalische Farbtupfer und globale Elektronik mit ihrer eigenen Schwermut. Ein starker Trost in Noten. "Denn Frieden", stellt Atzmon konsterniert fest, "ist nirgendwo."

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    Gilad Atzmon: Refuge - Kulturnews 2008

    ENJ Gilad Atzmon: Refuge - Kulturnews 2008

    Gilad Atzmon & The Orient House Ensemble

    Refuge

    Der 1963 in Israel geborene Bandleader und Multiinstrumentalist (Saxofon, Klarinette, Flöte) hat seiner Heimat den Rücken gekehrt und lebt seit Jahren als scharfer Kritiker der israelischen Palästinapolitik in England. "Jazz zu spielen heißt zu sagen, woran ich glaube, mich einzusetzen für meine palästinensischen und irakischen Brüder", sagt er. Seine Vorbilder Charlie Parker, John Coltrane und Dizzy Gillespie haben seiner Meinung nach dasselbe für ihr Volk getan. Für Atzmon, der auch Romane schreibt, ist Musik kein Botschafter, sondern die Botschaft selbst. Diese CD bietet klar strukturierten modernen Jazz, hervorragend ausdrucksvoll, aber sparsam und durchsichtig musiziert. Er nutzt moderne Liveelektronik, streift gelegentlich orientalische Klangwelten und überzeugt mit solistischen Improvisationen. (jn)

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    WestdeutscheAllgemeine Zeitung

     

    Gilad Atzmon: Refuge - Neues Deutschland, David Siebert, 26.1.2008

    ENJ Gilad Atzmon: Refuge - Neues Deutschland, David Siebert, 26.1.2008

    Als der Jazzsaxofonist Gilad Atzmon im Jahre 2000 sein »Orient House

    Ensemble« gründete – eine  Anspielung auf den ehemaligen Sitz der PLO

    in Ost-Jerusalem –, verband er damit auch die  Hoffnung, dem »Kampf der

    Kulturen« etwas entgegensetzen zu können. Eine Illusion, wie er in den 

    Linernotes zu seiner neuen CD »Refuge« schreibt. Aber trotz dem

    programmatischen Titel, deutsch:  »Zuflucht«, ist in seiner Musik von

    Resignation nichts zu spüren: Auch das fünfte Album seines 

    multikulturellen Quartetts besticht durch aufregenden, zeitgenössischen

    und weltoffenen Jazz. Atzmon hat sich immer in jene Tradition des

    afroamerikanischen Jazz eingeordnet, die improvisierte  Musik als

    Ausdruck der Selbstbefreiung und der Sozialkritik verstanden hat. Das

    Thema, das ihm  unter den Fingernägeln brennt, ist der

    Israel-Palästina-Konflikt. Nachdem er in Israel eine  erfolgreiche

    Karriere als Jamsession-Musiker und Pop-Produzent begonnen hatte,

    kehrte er 1993  aus Enttäuschung über den anhaltenden Nahost-Konflikt

    seiner Heimat den Rücken zu. Die  Sinnsuche führte ihn über den Umweg

    eines Philosophie-Studiums zurück zur Musik. Als er im  »Exil« in

    London den israelischen Schlagzeuger Asaf Sirkis traf, entdeckte er die

    Musik seiner  Heimat neu. »Ich wende jüdische Kultur und Schönheit

    gegen eine rassistische israelische Kultur.  Ich terrorisiere sie mit

    meiner Musik«, beschrieb er damals die kritische Reflexion seiner

    Wurzeln.  Auch in seinen zwei ironisch-bitterbösen Romanen (»Anleitung

    für Zweifelnde« und »My One and  Only Love«) griff er scharf die

    israelische Politik an. Während Atzmon in seinen ätzenden Polemiken die

    Gratwanderung zwischen Literatur, politischer  Analyse, schwarzem Humor

    und Sarkasmus nicht immer gelingt, bildet seine Zerrissenheit und 

    Leidenschaft einen idealen Nährboden für seine Musik. Auf der Suche

    nach neuen  Ausdrucksmöglichkeiten reist Atzmon rastlos und getrieben

    durch die Musikwelten. Dank der  kraftvollen, ausbrechenden Soli und

    dem augenzwinkernden Umgang mit Musiktraditionen verharrt  er dabei

    nicht in bloßer Retrospektive. Auch auf »Refuge« wirbelt Atzmon

    intelligent Stile  durcheinander. »Autumn in Baghdad« und »Another

    Prayer for Peace« sind an klassische  Jazzballaden angelehnt, werden

    aber mit arabesken Ornamenten durchbrochen. »Spring in New  York«

    unternimmt einen Ausflug in den modalen Fusion-Jazz. »The Burning Bush«

    und »Refuge«  beginnen als orientalische Klagelieder, bald schon aber

    blitzt rasante Nahost-Folklore auf, die mit  Free-Jazz-Soli,

    Drum'n'Bass-Rhyth- men und Latin-Einsprengseln kombiniert wird. Atzmon

    hat zu einem eigenen, unverwechselbaren Stil und Ton gefunden: Die

    Basis bildet sein  souverän beherrschter Hardbop-Jazz, der anspruchvoll

    und originell mit orientalischen Motiven und  Spielweisen verwoben

    wird. Anstatt sich mit seiner Virtuosität akademischen

    Ästethikdiskursen  hinzugeben, reibt er sich lieber lustvoll an der

    alten und neuen Musikgeschichte von Ost und West.  Für Atzmon-Kenner

    bietet »Refuge« – abgesehen von effektvollen Elektronikspielereien –

    keine  neuen Entdeckungen, doch als Appetitanreger eignet sich die CD

    allemal. Mit dem Bassisten Yaron Stavi, dem Pianisten Frank Harrison

    und dem Schlagzeuger Asaf Sirkis  hat Atzmon experimentierfreudige

    Mitstreiter gefunden, die ihn mittlerweile seit acht Jahren  begleiten.

    Die Kontinuität zahlt sich aus: Besonders live beeindruckt die Band

    durch ihr versiertes,  emotionsgeladenes Zusammenspiel. Ein innovatives

    und ausdruckstarkes Ensemble, das in der  Jazzlandschaft hervorsticht.

    Nach einer England-Tournee mit mehr als 30 Auftritten ist Atzmon ab

    März auch in Deutschland zu erleben.

    David Siebert

    Gilad Atzmon & The Orient House Ensemble: Refuge (Enja/ Soulfood )

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    Gilad Atzmon: Refuge - taz, Daniel Bax 8.3.2008 (Porträt)

    ENJ Gilad Atzmon: Refuge - taz, Daniel Bax 8.3.2008 (Porträt)

    Das Saxofon meines Feindes ist auch mein Feind

    Zwischen Antizionismus und Antizynismus: Der israelische Jazzsaxofonist Gilad Atzmon versucht, die Extreme in sich zu versöhnen

    "Früher dachte ich, dass Musik die Menschen zusammenbringen könnte", schreibt Gilad Atzmon im Vorwort zu seiner aktuellen CD. "Ich habe mich geirrt." Es sei ein Fehler gewesen, die Musik als Botschafter zu betrachten, glaubt er heute. "In Wahrheit ist sie die Botschaft." So kommt es vielleicht, dass sein neues Album "Refuge" - zu Deutsch Zufluchtsort - auf den ersten Blick etwas weniger von einem klaren Konzept getragen wirkt als seine Vorgänger, die ebenfalls programmatische Titel wie "Exile" oder "Re-Arranging the 21st Century" trugen. Klar, noch immer hören seine Stücke auf Namen wie "Autumn in Bagdad" oder "Just Another Prayer for Peace". Aber der politische Fingerzeig kommt eher beiläufig daher.

    Wenn man sich mit Gilad Atzmon unterhält, landet man allerdings unweigerlich beim Nahostkonflikt. Dann kann er sehr polemisch werden und sich über jede politische Korrektheitsregel hinwegsetzen. Denn für ihn ist Israel, sein Geburtsland, schlicht ein völkischer, ja faschistischer Staat, den Gazastreifen nennt er schon mal ein "Konzentrationslager". Gilad Atzmon steht so sehr aufseiten der Palästinenser, dass er deren Recht auf Rückkehr vorbehaltlos unterstützt, während er Israel den Untergang wünscht. "Israel ist doch nur ein Staat, Palästina ein Land. Und so, wie die Sowjetunion nicht von Dauer war, aber Russland schon, wird es auch Israel ergehen", ist er überzeugt.

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    Keine Frage, Gilad Atzmon ist eine Provokation, wobei er auch gerne mal absichtlich missverstanden wird. So musste er schon mehrmals erklären, dass er weder den Holocaust infrage stelle noch etwas gegen Juden habe. "Ich habe noch nie einen Juden aufgrund seiner Religion kritisiert. Ich kritisiere nur den Zionismus", verteidigt er sich. Doch seine Gegner überzeugt das nicht, und so flüchtet er sich in böse Scherze: "Früher wurden Leute, die keine Juden mochten, als Antisemiten bezeichnet. Heute meint man damit Leute, die von proisraelischen Juden nicht gemocht werden", spottet er.

    Verstehen kann man seine Wut wohl nur, wenn man seinen Werdegang kennt. Aufgewachsen in einer rechten israelischen Familie, war er 1982 als Wehrpflichtiger im Libanonkrieg im Einsatz. Danach wandelte er sich zum glühenden Antizionisten. Dass er noch heute die Schriften rechter und rechtsextremer Israel-Hardliner liest, von Alan Dershovitz bis Benny Alon, dürfte nicht dazu beitragen, die Dinge etwas milder zu beurteilen.

    Gilad Atzmon ist ein wütender Moralist, der in seinem Furor oft weit über das Ziel hinausschießt. Das überdeckt, was für ein hervorragender Musiker er ist; ein Jazzsaxofonist mit einer Vorliebe für elegische, nur manchmal schrille Töne. Natürlich, seine Haltung schlägt auch auf seine Musik durch. Das fängt schon an mit dem Namen seiner Band, dem Orient House Ensemble, benannt nach dem Exhauptquartier der PLO in Ostjerusalem. Auf seinem Album "Exile", das 2002 entstand, schlug die politische Botschaft besonders deutlich durch. Da nahm er bekannte israelische Melodien, um sie orientalisch zu verfremden und zu "arabisieren". Geprägt ist er allerdings von den Großen des US-Jazz, vom Bebopbegründer Charlie Parker, von Duke Ellington oder John Coltrane. Wie sie improvisiert er gerne über bekannte Themen, wobei sich in sein kühles Saxofonspiel öfters mal eine Spur nahöstlicher Folklore verirrt.

    Es ist vermutlich gut, dass Gilad Atzmon zu seinen Songs keine Texte schreibt, sie könnten allzu plakativ werden - so wie seine beiden Roman, in denen er Israels Ende herbeifantasierte oder sich über zionistische Verschwörungen lustig machte und die von einem eher grobschlächtigen Humor zeugen.

    Nach Israel wolle er erst wieder zurückkehren, wenn das Land wieder Palästina heiße, behauptet Gilad Atzmon, der seit langem in London lebt. Außerdem, fürchtet er, könnte er ja verhaftet werden, wenn er am Flughafen in Tel Aviv aussteige. Noch schlimmer wäre es allerdings, wenn man ihn einfach laufen ließe, gesteht er. "Immerhin stelle ich das Existenzrecht Israels infrage und verteidige die Hamas!" So viel Selbstironie hat er sich immerhin bewahrt.

    DANIEL BAX

    Tour: 9. 3. Herne, 10. 3. Karlsruhe, 13. 3. Saarwellingen, 14. 3. Künzelsau, 15. 3. Tübingen, 17. 3. Wien, 18. 3. München

     

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    OhrenKontkt

    Gilad Atzmon – Ein Porträt

     

     

     

     

    „Zornig bin ich noch immer“, sagt Gilad Atzmon. Doch seine Musik ist milder geworden. Auch wenn das aktuelle Album „Refuge“ (Zuflucht) im Titel auf politische Zustände verweist, hat sich Gilad Atzmon von der Überzeugung, Musik könne die Gesellschaft verändern, abgewandt, seit er 1994 aus Israel kommend in London „Zuflucht“ gefunden hat. „Als infantiler Erwachsener war ich Marxist und dachte, dass Kunst eine politische Funktion hat. Bis ich merkte, dass die Aufgaben innerhalb der Musik interessanter sind als die Rolle, die wir vielleicht haben. Musik und ästhetische Schönheit sind viel wichtiger als irgendeine idiotische Ideologie. Nicht von sozialen Ursachen bestimmt, sondern für sich selbst entsteht Musik und gibt Hoffnung.“ Was oberflächlich wie Resignation erscheint, ist eine veränderte Einstellung aufgrund reflektierter Erfahrungen.

     


     

    Gilad Atzmon wurde 1963 geboren. Er war Soldat der israelischen Armee während des Libanon Krieges 1982, eine prägende Phase in seinem Leben, die ihn zu heftiger Kritik an der Politik seines Landes und im gesamten Nahen Osten durch publizistische Aktivität trieb. Seine Texte sind wie Improvisationen, haben überraschende Blickwinkel, um Klischees zu vermeiden. Nach seiner Ausbildung an der Rubin Academy of Music in Jerusalem, die „ wie meine Erziehung im Elternhaus ganz und gar europäisch war“, arbeitete er als Produzent und Arrangeur in Rock, Jazz und Ethnomusik, so mit Ofra Haza, Jack DeJohnette und Michel Petrucciani, bis er in England das Orient House Ensemble formierte. Nun wurde „das Saxophon meine eigentliche, externe Stimme, mit der ich meiner selbst bewusst werde. Musik ist das Medium, gehört nicht zu uns, sondern ereignet sich in meiner Band und bei mir intuitiv, wir feiern sie und werden überwältigt. Wenn ich spiele, denke ich nicht. Ich spiele schneller als ich denken kann. Ich weiß nicht, woher die Ideen kommen. So ist es auch bei meinen Kollegen Frank Harrison (Piano, Fender Rhodes, Electronics, Farfisa Orgel, Harmonium), Yaron Stavi (Kontra- & Elektrobass) und Asaf Sirkis (Drums): wir schließen die Augen und die Musik fließt.“ Dennoch ist sein Stil nicht willkürlich, bildet sich vielmehr aus der Bebop-Tradition und arabischen Einflüssen, wobei für Gilad Atzmon (Sopran- & Alto Saxophone, Klarinette und Flöten) die Persönlichkeiten John Coltrane, Cannonball Adderly und vor allem Wayne Shorter „eine Inspiration“ sind.

    Obwohl Gilad Atzmon europäische Philosophie und Komposition studiert hat, ist für ihn die Musik des Orients wesentlich: „Im Okzident lernt man, Musik in Noten zu lesen, da dominiert eine Schrift- oder Augen-Kultur, während bei uns im Orient die Kommunikation sich über die Ohren vollzieht, man also primär zuhören muss. Dafür gibt es keine Lehrbücher oder Partituren. Ich versuche schon lange, Analogien von arabischen Maqam- und westlichen Zwölfton-Skalen zu erkennen und mich zwischen den Systemen hin und her zu bewegen. Zwar kann ich auf dem Saxophon keine Mikrointervalle oder so genannte Komma-Töne spielen, aber durch spezielle Phrasierungen und Glissandi erreiche ich eine gewisse Nähe zu den modalen orientalischen Klängen. Deshalb singe ich gelegentlich, um Nuancen genauer zu spüren. Meistens jedoch mit elektronisch verfremdeter Stimme wie auf >Her Tears<, weil mein Gesang nicht professionell ist.

    Die Modi sind für uns wichtiger als Akkorde. Andererseits gibt es Melodien, die auf strikten harmonischen Progressionen basieren, da sind wir mehr an Formen gebunden, wie >In The Small Hours< oder dem >Prayer For Peace<. Im übrigen pflegen wir im Orient House Ensemble hörenden Kontakt, sodass wir bei Konzerten spontan und je anders die Themen und Motive an vereinbarten Stellen variieren können. So gibt es für uns manchmal gemeinsame Momente des Glücks oder sogar der Ekstase, das ist unser Ziel.“

    Politiker zu werden war nie eine Alternative für Gilad Atzmon, weil sie nach seiner Meinung in einer etablierten symbolischen Ordnung mit Menschen kommunizieren. „Ich möchte die symbolische Ordnung neu gestalten, indem ich mich auf meine Ohr-Kultur verlasse. Denn so höre ich meine innere Stimme, wodurch ich, im Unterschied zu einem Politiker, ein ethisch denkender Mensch werde. Deshalb kann ich jeden Morgen in den Spiegel sehen und mich als Menschen erkennen. Zwar bin ich meiner Gefühle nicht sicher, aber ich möchte immer wieder etwas probieren. Erfolg ist nicht so wichtig wie zu spielen.“ So versucht Gilad Atzmon einen Weg zu finden, dass seine Musik nicht politisch vereinnahmt und trotzdem seine Empörung bemerkt wird.

    Hans-Dieter Grünefeld

    CD- und Buch-Tipps

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    Refuge - www.sound-and-image.de, Klaus D. Halama

    http://www.sound-and-image.de/review_565.htm

    Neue Platten

    Gilad Atzmon - Refuge

    Genre: Jazz

    Label:Enja (Soulfood)

    CD, VÖ: - 25.01.2008

    "Für mich persönlich bedeutet Jazz zu spielen, die Weltordnung von Bush, Blair und Sharon zu bekämpfen. . Jazz zu spielen heißt, den neuen Kolonialismus zu bekämpfen. Jazz zu spielen heißt, zu sagen, woran ich glaube, mich einzusetzen für meine palästinensichen und irakischen Brüder. Jazz zu spielen heißt, eine alternative Wirklichkeit vorzuschlagen, mich neu zu erfinden und bereit zu sein, dies bis zum bitteren Ende immer weiter zu tun." Dies schrieb der israelische Saxophonist Gilad Atzmon in einem Essay für den englischen "Guardian" im Jahre 2004. Ein Musiker also mit Rückgrat, ein Musiker der sich politisch begreift und der sich nicht von geschwätzigen Politikern ins Boxhorn jagen läßt. Ein Musiker aber auch, der einsehen musste, dass man mit Musik alleine die Welt nicht verbessern kann, dass politisch-musikalisches Sendungsbewußtsein seine engen Grenzen hat. Aber trotzdem und gerade deswegen sollte man Gilad Atzmon und seine Musik intensiver zur Kenntnis nehmen, als vielleicht die anderer Künstler, die Kunst nur um ihrer selbst Willen machen. "Refuge" ist ein Jazzalbum von besonderem Format, von spielerischer Größe und improvisatorischer Könnerschaft. Atzmon geht es nicht darum, durch handwerkliche Schnelligkeit oder durch akademische Spitzfindigkeiten zu beeindrucken. Für ihn ist es wichtig, seine latente Melancholie, seine trauernde Frustration, hervorgerufen durch eine immer feindlicher werdenden Welt, deutlich zum Ausdruck zu bringen. Und nach diesem 55 Minuten kann man uneingeschränkt behaupten, dass ihm dies virtuos geglückt ist.

     

    http://www.gilad.co.uk

    Der CD-Test

    The wandering who- Gilad Atzmon

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